#Changing lives #Transforming Ghana

Wooho, nächsten Monat, am 7. Dezember stehen hier in Ghana  die 'general elections' an, bei denen ein neuer Präsident, sowie ein neues Parlament gewählt werden. Heißt, wir befinden uns momentan mitten im Wahlkampf, der nicht grundverschieden ist, aber doch etwas anders abläuft als in Deutschland. Der Slogan aus der Überschrift ist so gut wie überall auf den Wahlplakaten des derzeitigen Präsidenten John Mahama  zu sehen und schleicht sich quasi täglich durch meinen Alltag.

Zunächst würde ich behaupten, dass Wahlkampf beinahe die falsche Begriffsbezeichnung ist, da dieser oft eher einem riesigen Spektakel gleicht. Natürlich ist es letztendlich der Kampf um die meisten Stimmen, doch erlebt man die Art und Weise, wie dieser stattfindet, erkennt man nicht immer sofort, dass es sich tatsächlich um einen Wahlkampf handelt. Zu mindestens nicht, wenn man in Deutschland aufgewachsen ist, wo immer alles stets formell, geregelt und reserviert vonstattengeht.

 

Hier ein Beispiel um zu verdeutlichen, was ich damit meine: Letzte Woche fand auf der Hauptstraße, in nähe meines Zuhauses, eine „Wahlkampfveranstaltung“ statt. Gut, in diesem Kontext, wie ihr gleich sehen werdet, klingt es irgendwie unpassend doch mir fällt kein anderer Begriff dafür ein. Als ich von der Arbeit kam und aus dem Trotro (Minibus) stieg und in Richtung Kirche lief, wo ich den Haustürschlüssel bei meinen Eltern abholen musste, fiel mir auf, dass die Musik an diesem Abend besonders laut war. Am Straßenrand war eine riesige Musikanlage aufgebaut, die die ganze Straße mit Musik beschallte. Eigentlich hier nichts besonderes, doch wie gesagt es war außergewöhnlich laut und als ich genauer hinschaute bemerkte ich, dass die Menschen überall am tanzen und zelebrieren waren. Dann kamen mir einige Frauen entgegen, die energisch die Straße entlang tanzten. Wobei manche von ihnen auch mitten auf der Straße halb auf den Autos getanzt, nein getwerkt,(!!!) haben – und zwar wie. Überall herrschte ausgelassene Stimmung und es hatte den Stil von einem Straßenfestival. Das es sich jedoch um eine Wahlkampfveranstaltung handelte, wurde mir erst klar nachdem ich die T- shirts der Frauen und die kleinen Fahnen, die sie in der Hand hielten sah, welche mit NDC (Natioal Democratic Congress, Partei des derzeitigen Präsidenten) Bildern und Slogans bedruckt waren.

 

 

Des weiteren habe ich jetzt schon öfters beobachtet, wie Anhänger einer Partei in größeren Gruppen die Straßen entlang marschieren, meist in Begleitung von Musik oder irgendwelchen Rufen. Als Sinn dahinter vermute ich, dass es einfach darum geht Präsens zu zeigen und Eindruck zu hinterlassen um somit mögliche Wähler zu gewinnen. Leider weiß ich die genaue Begriffsbezeichnung dafür nicht, doch das Ganze ähnelt vom Optischen her einer Demonstration, nur eben mit einem anderen Hintergrund. Zusätzlich gibt es dann auch noch die „Peace Walks“ bei denen Anhänger verschiedener Parteien sich zusammenschließen und gemeinsam für friedliche Wahlen marschieren. Außerdem sieht, besser gesagt hört, man auch öfters Wahlautos, die mit Parteislogans bedruckt sind, durch die Städte/Dörfer fahren und durch Lautsprecher irgendwelche Informationen verbreiten. Jedoch kann ich nicht sagen was genau, da ich es entweder nie verstehe oder sie meistens einfach nur kurz an mir vorbei fahren.  

 

Vor den Wahlen wollen die Parteien  sich logischerweise alle von ihrer besten Seite zeigen, weshalb es tatsächlich so sein soll (das habe ich jetzt schon mehr als einmal gehört) , dass vor den Wahlen eine bessere Stromversorgung angeboten wird als sonst. Ziemlich crazy, bin schon gespannt wie es nach den Wahlen wird. Außerdem soll es wohl auch so sein, dass vor den Wahlen extra viele Bauprojekte vorgenommen werden. Zum Beispiel werden dann extra viele Schulen gebaut, damit  die dafür zuständige Partei suggerieren kann, sich für  bessere und vor allem kostenlose Bildungsmöglichkeiten einzusetzen. Letztens habe ich jemanden gefragt warum denn eine der riesigen, stark befahrenen Hauptstraßen nicht geteert ist, worauf hin er meinte, dass das vielleicht nächstes Jahr vor den Wahlen gemacht werde würde, es dieses Jahr aber schon zu spät sei. Manchmal macht es doch den Eindruck, als würde man das Volk mit materiellem beeinflussen wollen. Neulich habe ich einen Artikel gelesen in dem die 100 häufigsten Wahlversprechen 2016 aufgelistet waren. Darunter: kostenlose Schuluniformen, Bücher, Moskitonetze und Laptops oder auch gut, dass Ghana das sauberste Land der Welt werden soll, Schutz vor Kinderarbeit, Reduzierung der Armut, Gehaltserhöhungen für bestimmte Berufsgruppen und natürlich kostenlose Bildungsmöglichkeiten. Also es wird viel versprochen nur bei der Umsetzung stellt sich dann die Frage "Wie?"  

 

Als letzter und meiner Ansicht nach interessantester Punkt ist, dass, obwohl die letzten Wahljahre bereits friedlich verlaufen sind, dennoch auf alle möglichen Art und Weisen friedliche Wahlen propagiert werden. Zum Beispiel hängen überall riesige Plakate auf denen geschrieben steht „We need peaceful elections, we have only one Ghana“ (Wir brauchen friedliche Wahlen, wir haben nur ein Ghana) oder gibt es auch Fernsehsendungen oder Werbungen die erklären und darstellen, dass friedliche Wahlen oberste Priorität haben und der jetzige Frieden weiterhin bestehen bleiben soll. Natürlich gibt es zwischen den Parteien auch Reibereien, doch es ist nicht so, dass wie bei manchen deutschen Parteien, das Volk gegeneinander aufgehetzt wird, bestimmte Personengruppen, Minderheiten oder Religionen angegriffen werden. Nein, das war keine Anspielung auf die AfD, neeeein. Verallgemeinert kann man eigentlich sagen, dass Frieden und damit ein friedliches und respektvolles Miteinander zur ghanaischen Mentalität dazu gehören, was ich übrigens sehr schätze und was vieles hier „einfacher“ macht. Einfacher indem, dass man überall willkommen geheißen wird, immer mit Hilfe rechnen kann, wenn man welche braucht und einem Respekt entgegen gebracht wird, völlig egal ob man Einheimischer ist oder nicht.

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So genug dazu. Hier noch ein bisschen was aus meinem Alltag: Gestern war ich mit meiner Familie auf der Hochzeit eines guten Familienfreundes. Hingefahren sind wir mit dem Taxi, Mama, Papa, Oma Ich und meine zwei Brüder – alle in einem Auto. Als wir ankamen war ich erst mal geplättet von der Location, die Schauplatz eines Films hätte sein können. Die Dekoration war wirklich der Hammer. Obwohl wir schon eine Stunde zu spät ankamen, mussten wir noch knapp eine weitere Stunde warten bis das Programm anfing – typisch Ghana. Zu Beginn wurden ein paar Lieder gesungen, dann gebetet und schließlich traf der Bräutigam ein. Nach weiteren Liedern dann auch die Braut, auf die schon alle gewartet haben. Das warten hat sich gelohnt, denn sie sah wirklich toll aus. So nahm die Hochzeitszeremonie ihren Lauf und nachdem die Ringe und der Hochzeitskuss ausgetauscht waren ging es zum Fotoshooting für die Hochzeitfotos. Braut und Bräutigam, Braut und Bräutigam mit Familie des Bräutigams, mit Familie der Braut, mit Freunden des Bräutigams, mit Freunden der Braut usw.

 

Anschließend ging es dann ins Festzelt, wo wir zu unseren Plätzen gebracht wurden. Drinnen habe ich dann fast einen Kälteschock bekommen, da hier gerne mit den Klimaanlagen übertrieben wird. Meine Mom hat mir dann eine Decke gegeben, worüber ich wirklich seeeeeeeeehr dankbar war. Daraufhin ist jeder zweite der vorbei gelaufen ist ungläubig stehen geblieben und hat gefragt, ob ich als Deutsche, die Schnee gewöhnt ist, tatsächlich frieren würde. Mein Sitznachbar fand es sogar so lustig, dass er unbedingt ein Foto von dem Szenario machen musste. Das Programm ging drinnen weiter, jedoch habe ich davon nicht viel mitbekommen, da ich mich entweder unterhalten habe oder mit meinem Gastbruder beschäftigt war, der auf meinem Schoß saß. Was ich jedoch mitbekommen habe ist, dass quasi Spenden gesammelt worden sind, die zur Finanzierung der Hochzeit beitragen sollten. Tatsächlich meldeten sich einige Spender von denen eine Frau sogar bereit war 1000 Cedi (=250 Euro) zu geben. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde dann das Buffet eröffnet. Es gab verschiedene Reissorten, dazu passende Soßen (hier genannt Stu) Chicken, Fisch, Salate und Banku, ein traditionelles ghanaisches Gericht. Zum Nachtisch gab es Kuchen und Vanilleeis. Zum Schluss, als Highlight, war der Hochzeitstanz dran, bzw. die Hochzeitstänze, bei denen alle kräftig mitgefiebert haben. Danach war die Hochzeit dann offiziell zu Ende, wir sind jedoch noch etwas geblieben. Unter anderem um Fotos zu machen. Taaada: